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Sprache formt Denken

 

Vor dem Suizid meines Vaters hatte ich mir keine Gedanken über den Begriff „Selbstmord“ gemacht. Was steckt eigentlich in dem Wort und wie wirkt der Begriff auf nahestehende Personen, die jemanden durch dieses Schicksal verloren haben?

 

Am Tag des Suizids meines Vaters musste ich bereits einige Menschen über den Tod informieren. In diesen Anrufen merkte ich, dass ich immer wieder stolperte, weil ich gar nicht wusste was ich sagen sollte. „Hallo, mein Vater hat sich selbst getötet.“


Ich war mit der Situation völlig überfordert, weil mir die Begriffe alle so fremd waren. Nicht nur, dass es total unwirklich war, irgendwie passte auch nichts zu der Situation und zu meinem Vater. Dabei stieß mir der Begriff des „Selbstmordes“ am meisten auf und ich merkte einen inneren Widerstand gegen diesen Begriff.


Mein Vater, ein Mörder?


Mein Vater, der mir stets beibrachte, das Leben zu achten und jedes Lebewesen gut zu behandeln? Nein, das passte einfach nicht.

 

Die gesetzliche Definition eines Mörders ist jemand, der aus Habgier oder anderen niederen Beweggründen, heimtückisch, grausam oder mit gemeingefährlichen Mittel, um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet.

 

Das ist definitiv keine Definition für meinen Vater. Es waren keine niederen Beweggründe, sondern er befand sich in einer verzweifelten und für ihn ausweglosen Situation. Er hatte keine Hoffnung mehr und kein Vertrauen in die Zukunft und sah als einzigen Ausweg, seine Selbsttötung. Somit passt weder der Begriff des „Selbstmordes“ noch des „Freitods“. Denn es war auch keine freie Entscheidung.


Diese Begriffe lassen die ohnehin schon schwierige Situation für Angehörige noch mehr zum Tabu werden.  

 

Sprache formt unser Denken und wie wir die Welt wahrnehmen. Deshalb ist es an der Zeit, dass wir unsere Sprache verändern und das Wort „Selbstmord“ aus unserem Sprachgebrauch streichen.

 

Die Begriffe Suizid und Selbsttötung bezeichnen nur den Vorgang und sind damit eine neutrale Bezeichnung ohne die Tat zu bewerten oder zu stigmatisieren.

 

Suizidtrauernde, trauern nicht um einen „Mörder“!

Menschen, die sich das Leben nehmen, sind keine „Mörder“.


 

Helft mit, das Wort aus unserer Sprache zu streichen!


Danke!

Eure Katharina

 

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